Tierschutzverein Potsdam unterstützt Tierärzte-Kampagne gegen Qualzucht
Sieht es nicht süß aus, das Hündchen mit dem kleinen Kopf, den großen Kulleraugen und dem hübschen Schnäuz chen? Es gibt sogar Küsschen. Frauchen ist beglückt mit ihrer Französischen Bulldogge . Aber die Dame klagt: Die Corona-Zeiten machen ihr zu schaffen. Dauernd müsse sie sich eine Maske übers Gesicht stülpen. Da kriege sie Atemnot. Aber wie ihr Hündchen leidet, und zwar ein Leben lang, davon will sie nichts wissen. Ihr Hündchen ist ein Beispiel von Qualzucht. Qualzucht ist in. Das Geschäft boomt.
Tierärzte und Tierschützer machen Alarm. Die Tierärztekammer Berlin führt, unterstützt von Tierärzten und Tierschutzvereinen nicht nur in Berlin und Brandenburg, mittlerweile ihre dritte Kampagne gegen die Qualzucht von Haustieren durch. „Wir wollen bewusst machen, dass unter Züchtungen dieser Art viele Tiere, ob Hunde, Katzen oder andere Haustiere, für immer zu leiden haben, ihr Leben verkürzt wird,“ sagt Dr. Heidemarie Ratsch, Präsidentin der Tierärztekammer Berlin, jüngst zu Gast im Tierheim Potsdam. „Ob Atemnot, Misswachstum oder Gendefekt , viele Symptome sind augenscheinlich. Es sind die Folgen von Qualzucht“, so Heidemarie Ratsch. Anlass ihres Besuches am 03.06.2021 war die Übergabe eines Aufstellers, der auf das Thema eindrucksvoll aufmerksam macht. 20 solcher Stelen hat die Berliner Grafik-Designerin Manuela Kuhn geschaffen. Aufgestellt wurden sie bisher in Berliner Bezirksämtern, aber zum Beispiel auch im Gemeindeamt Werder/Havel.
Sie röcheln, ihre Augen tränen permanent, die Gelenke sind geschädigt. Viele Tierhalter denken sich nichts dabei, wenn ihr Hündchen niedlich wie ein Baby schnarcht oder es auf seinen kurzen Beinen lustig wie eine Ente durch die Gegend torkelt. Eine Statistik des Deutschen Kennel-Clubs, nach britischem Vorbild Dachverband der Hundezüchtervereine , ergab, dass in Deutschland zum Beispiel die Anzahl der Mopswelpen seit 2002 bis 2019 um 95 Prozent und die von Bulldoggen um 144 Prozent zugenommen hat. Kussfreudige Hundeschnäuz chen, Nacktkatzen oder außergewöhnliche Fellfarben, die teilweise mit schweren Gendefekten und deren Auswirkungen einhergehen, wohin führen die perversen Wünsche von selbsternannten Tierliebhabern noch? „Das ist unerträglich. Unser Tierschutzverein und wir in unserem Tierheim finden das abscheulich,“ sagt Antje Schwarze, Chefin im Potsdamer Tierheim. „Deshalb unterstützen wir die Kampagne der Tierärzte.“
Die Qualzucht von Tieren sei zwar verboten, doch sie geschehe im Verborgenen. Aber die Haltung solcher Tiere sei erlaubt, weiß Heidemarie Ratsch. Das sei schizophren und bezeichnend für die geistige Einstellung der Regierenden in Deutschland, ist die Meinung von Wolfgang Joop, weltbekannter Modedesigner und Schirmherr des Potsdamer Tierheims. Dass die Situation so ist, dafür sorgen Lobbyisten aus Züchterkreisen, die in allen Tierschutzbelangen der zuständigen Bundesministerin ins Heft diktieren, wie weit ein Gesetzesentwurf gehen darf. Im Gegensatz dazu hat zur Freude aller Tierschützer Königin Elizabeth II. in ihrer jüngsten Thronrede schärfere Gesetze für den Tierschutz angekündigt. So soll in Großbritannien unter anderem gesetzlich anerkannt werden, dass Wirbeltiere Gefühle haben.
Umdenken – tierzuliebe , fordern Tierärzte und Tierschützer auch hierzulande seit vielen Jahren. Der Tierschutzverein Potsdam und Umgebung e.V. schließt sich der neuerlichen Kampagne an. Gäste im Potsdamer Tierheim können sich nunmehr nach telefonischer Terminvereinbarung rund um die Qualzucht von Haustieren informieren. Sie können von unsäglichen Tatsachen Kenntnis nehmen, Anregungen zum Aufklären und zu Forderungen an die Politik erhalten – all das ist Inhalt des Informationsmaterials, das die Aufsteller der Tierärztekammer Berlin und der Designerin Manuela Kuhn bieten.